Bevölkerungswachstum von 1803-2003

 

 


Das Gebiet des Oberamtes Aalen im Jahre 1813, mit den früheren Herrschafts- und Ämtergrenzen
:

 


Sprache

Die Einwohner des ganzen Bezirks sind dem Stamme nach Schwaben.
Die Sprache der Gegend ist ein hartes Niederschwäbisch, nähert sich aber auffallend durch ihre starken Kehllaute und ihr lautes Aspirieren dem oberschwäbischen Dialekt. In den verschiedenen Bezirken des Oberamts (auf dem Albuch, im Tal, in den Wäldern, auf den Leinhöhen u.v.w.) und vereinzelt in den Dörfern treten besondere Eigentümlichkeiten des Dialektes in der Aussprache, wie in den Ausdrücken hervor.


Intellektuelle Eigenschaften

Die intellektuellen Eigenschaften der Bevölkerung können im Allgemeinen als mittelmäßig bezeichnet werden; früher fehlten gute Schulen, kein Wunder also,  wenn bei Gemeinderatswahlen 1819 beinahe mehr Kreuze als Unterschriften gemacht wurden.


Körperliche Eigenschaften

Im Durchschnitt lebte hier ein gesunder, kräftiger Menschenschlag mit vor-herrschend hellen Augen und Haaren, von mehr als mittlerer Größe. Ein hohes Lebensalter wurde häufig angetroffen und viele dieser Greise hatten kaum
einmal im Leben einen Arzt oder eine Apotheke gebraucht.


Fruchtbarkeit

Inder Oberamtsbeschreibung Aalen ist verzeichnet:
"Als Beispiel außerordentlicher Fruchtbarkeit gedenken wir endlich eines
Bauers in Wilflingen, welcher mit 3 Frauen, zusammen 40 Kinder gezeugt hat."


Krankheiten

Entzündliche katarrhalische Leiden.
Rheumatische Leiden.
Rheumatisches Fieber.
Brust- und Bauchwassersuchten.
Magenverhärtungen.
Masern, Scharlach und Keuchhusten.
Die Krätze hat in den letzten Jahren auffällig zugenommen.
Häufiges Vorkommen von Bandwurm.


Selten traten folgende Krankheiten auf:

Gastritisches Fieber
Schleim- und Nervenfieber
Die Ruhr (1834 und 1836)
Geisteskrankheiten


Speisen

Was die Nahrung betrifft so begegnen sich Stadt und Land in ihrer Liebe zu Mehlspeisen, besonders “Nudeln” d.h. Dampfnudeln, im Unterschied zu “geschnittenen Nudeln”.


Eine eigentümliche Speise in Aalen waren die “Grosknöpfe” von einem besonderen “Grosmehl”, einem besonders feinem Grießmehl. Es war die herrschende Speise am Sonntag und “ge Naacht” (Kaffee und Kuchen), der überhaupt eine große Verbreitung auf dem Lande fand.

In Wasseralfingen sehr beliebt war der “Sperrknecht”, ein dicker gewörgelter Teig, in einer Kachel mit Butter aufgezogen, und ein “Süßbrühfleisch” d.h. Ochsenfleisch in einer Sauce aus Wein, Zucker und Zibeben, besonders bei Hochzeiten gebräuchlich.

Süßigkeiten waren auch sehr beliebt. Für Kinder waren beim Konditor immer sogenannte “Gucken” vorrätig,  d.h. länglich gewickelte Tüten verschiedener Größe mit Zuckerwaren; beim Kinderfest in Aalen wurden solche in großer Anzahl verschenkt.

Große Bedeutung auf dem Lande hatte der Safran, mit welchem Nudelsuppen, Knollenkuchen und dergleichen gefärbt sein mussten, wenn sie preiswürdig sein sollten.

Die Bauern ernährten sich fast das ganze Jahr hindurch mit Klössen und Kraut, zu welchem im Winter ein Schwein geschlachtet wurde; dagegen holte man selten Fleisch vom Metzger.

Natürlich bildeten auch Milch, zumal saure Milch, und Erdbirnen eine sehr gewöhnliche Speise, besonders bei Ärmeren. Übrigens pflegten Landleute saure Milch nur nachmittags zu genießen, zum Nachtessen gab es eine süße. Erdbirnen galten vor noch nicht so langer Zeit in manchen Familien und Haushaltungen eigentlich bloß als Viehfutter, sind aber überall siegreich durchgedrungen.

Getränke

Herrschendes Getränk war weißes und braunes Bier, der teure Wein nur
bei festlichen Gelegenheiten.; Most war sehr selten, da die Obstkultur wenig bedeutete.


Dagegen war der Kaffee schon sehr verbreitet , welcher von den Bauern einiger Gegenden auch in Wirtshäusern halbmaß-, selbst maßweise bestellt und getrunken wurde.

Das weiße Bier wurde in manchen Haushaltungen, z.B. Wasseralfingen,
fast wie Wasser gehalten.

Von Zeit zu Zeit wurde ein Fäßchen gekauft und aufgelegt, wo dann jeder Hausgenosse nach Durst sich etwas herausließ.

Der Branntweingenuß war leider auch sehr verbreitet und die Folge davon war manchmal “delirium tremens.”

Ein besonders für Kinder zur Osterzeit früher in Aalen bereitetes Getränk war Meth.

 


Kleidung



Handwerker:


Handwerker auf dem Lande kleideten sich größtenteils ganz wie die Städter; Stiefel, lange Hosen, meist blaue Röcke und runde Hüte.


Bauern:

Nur die Bauern hatten ihre Tracht besser bewahrt. Gewöhnlich hatten sie
lange zwilchene, aber schwarzgrau gefärbte Röcke mit kleinem stehendemKragen, innen ein paar Hand breit farbig, in der Regel blau ausgeschlagen,
oder schwarzgraue, zum Staate auch blautuchene, schwarzsamtene Kittel, mit blanken Knöpfen.

Die Weste war vorherrschend rot mit hohen weißen Metallknöpfen, bei den Wohlhabenden aus Silber.

Die Beinkleider waren entweder lange zwilchene (meist blau gefärbte) oder kurze, schwarzlederne, wozu weiße Strümpfe und Schnallenschuhe oder hohe Stiefel von weichem Kalbsleder bis über das Knie getragen wurden.

Auf dem Haupt saß entweder ein dreieckiger Filzhut, oder zumal bei den jungen Leuten eine Pelzkappe; In neuerer Zeit verbreitete sich auch der niedere runde Hut mit breiter Krempe.




Essingen:

Eigentümlich waren in Essingen die großen Vorschürzen, die wohl gewaschen auch an Sonntagen, getragen wurden und womit sie selbst ihre Gänge in die Stadt machten.


Frauenbekleidung:

Die Frauen, z.B. in Wasseralfingen und Umgegend, hatten früher eine ganz ausgezeichnete Tracht, deren Hauptstück ein dicker, wollener, roter Rock
war, schon vom Schneider in unzählige Falten gelegt, welcher immer nach
dem Ausziehen oben und unten zusammengebunden und in einen Kasten gestellt wurde, um die Falten zu erhalten.

Dazu kam dann ein grellfarbiger Kittel, bei reichen Bäuerinnen aus Seide, orange, zeisiggrün u.v.m. und ein stets mit dem Kittel gleichfarbiger Schurz mit blauen oder roten lang flatternden Bändern.

Ältere Frauen schlangen ein großes, buntes Seidenes Tuch zweimal um den Hals, dessen Zipfel dann nach hinten gebunden, über den Rücken hinabhiengen.
Über der Brust prangten gewöhnlich silberne Ketten und Anhänger.

Das Haar war in ein Zopfnest geflochten und mit einem hölzernen Spieße durchstochen, oder man trug eine stattliche Bandhaube.

Die Schuhe waren sehr stark ausgeschnitten.


Unterschiede der Kleidung nach Konfession:

Es unterschied sich der katholische Teil des Bezirks merklich durch seine Vorliebe für grelle Farben, rot, orange und dergleichen, besonders an den kurzen Kittelchen und an den Schürzen, wo nicht weiße gesteifte vorgezogen wurden.

Ebenso unterschieden sich die Konfessionen an den Hauben. In den katholischen Orten wurden die niederen Bandhauben mit einem Goldbrokatenem gesticktem Bödchen getragen, mit höherem Bodenstück und recht großen Schleifen und auch möglichst breiten flatternden Bändern.

Während in den evangelischen Orten die Mädchen weder so breite, noch so lange Bänder anwendeten. Wird gar keine Haube getragen, so wurden ge-wöhnlich lange Bänder in die Zöpfe geflochten.


Das Tischtuch als Regenschirm:

Zu bemerken ist noch , daß anstatt Regenschirme, die seit Beginn des 19. Jh. auch in unserer Gegend sehr verbreitet waren, früher Tischtücher genommen und zum Schutz gegen den Regen umgeschlagen wurden, z.B. in Abtsgmünd und anderen Dörfern.


Wohnungen:

Über die Wohnungen, lässt sich im Allgemeinen sagen, daß die Hauseigentümer Gewöhnlich besser wohnen, als in manchen anderen Gegenden des Landes, die Mieter mußten sich in der Regel eng zusammendrängen.'


Eigentümlich in Aalen und Umgegend war die Sitte, daß man gelöschten Kalk kaufte, selber anmachte und (gewöhnlich die Frau) das Haus damit innen anstrich , wozu man die Pinsel vom Maurer mieten konnte.

 

Das Büchlein des Bauern Pfleiderer als Zeitzeuge der bäuerlichen Verhältnisse im Königreich Württemberg:

(Auszug aus den Aalener Beiträgen zur Landesgeschichte)
-Karl Mayr-

Im Besitz des Herrn Christian Pfleiderer (Fachsenfeld) befindet sich ein altes vergilbtes, abgegriffenes Büchlein, in das sein Großvater Johann Georg viele Notizen über die Ereignisse des bäuerlichen Jahresablaufes und die geschäftlichen Vorgänge eingetragen hat. Johann Georg Pfleiderer, "äußerer Neubauer", lebte von 1858
bis 1891 und sein Hof wurde im Jahre 1855 erbaut. Durch die rechtinteressanten Eintragungen bekommt man einen guten Einblick in die damaligen bäuerlichen Verhältnisse und das Leben einer Bauerngemeinde.



Das Büchlein nennt sich "Neuester ausführlichster Stuttgarter Schnell und Zinsrechner".


Es enthält:


- Viele beschriebene Seiten mit Bemerkungen und Zahlen.

- Eine Umrechnungstabelle von Kronentalern und Carolin in Mark und
Pfennig (auch nach der Einführung der Mark im Jahre 1871 im Deutschen
Reich war noch lange anderes Geld im Umlauf).

Ein Vereinstaler von 1866 und eine Reichsmark von 1875


- Eine Tabelle zur Berechnung des Preises nach Stück, Pfund, Zentnern, Litern und Hektolitern sowie eine Anleitung zur Berechnung des Kubikinhalts runder und beschlagener Baumstämme.

Auch ist dieses Büchlein ein weiterer Zeuge dass die alten Maße der einzelnen deutschen Länder verschiedene Bedeutung hatten. So umfasste z.B. in Baden-Württemberg ein Scheffel 1,7 hl, im benachbarten Bayern aber 2,2 hl. Deswegen bringt das Büchlein mehrere Tafeln mit "Verhältnißzahlen zwischen dem Metermaß und den bisherigen Maßen".


-Längenmaße hießen in Württemberg: Linie, Zoll, Fuß, Ruthe und Meile.

-Hohlmaße für Getreide hießen: Viertelein, Ecklein, Vierling, Simri, Scheffel.

-Für Flüssigkeiten galt: Schoppen, Maß, Iml und Eimer.

-Gewichte hießen: Richtpfennig, Quent, Loth, Pfund. Mehrere angefügte "Metrische Umrechnungstabellen" erleichtern das Umrechnen der alten Maße in die neuen.

Das Schmunzeln kommt einem bei der "Tabelle zur Berechnung der jährlichen Einnahmen auf Monate, Wochen und Tage". Das beginnt tatsächlich bei einem Jahreseinkommen von 1 Mark, bei der eine Wocheneinnahme von 2 Pf. angegeben ist, bei 2 Mark Jahreseinnahme wird ein Tageslohn von 1 Pf. errechnet und es endigt bei 4000 Mark.

Auch wurde der An- und Verkauf von Vieh regelmäßig vermerkt. "Am 13 Juni 1886 ein Stier gekauft, von Feinauer Waiblingen um 75 Mark, 4 Monate alt."

"1 Kalb gekauft 47 Mark 29. August 86, Wtw Kieniger, Scherrenmühle."

"Am 12. Okt. 2 Saugschweine gekauft, 30 Mark, vom Säutreiber, gering."

Die Geschäftspartner beim Viehhandel waren zunächst Mitbewohner des Dorfes. Teilweise werden nur Vornamen notiert wie "Schorsch, Christian, Michel." Von vielen aufgezählten Familiennamen leben heute noch Vertreter in der Gemeinde: Vogel, Wiedmann, Stegmaier, Schurr, Bäuerle.

Erstaunlich ist, dass trotz der damaligen Verkehrsverhältnisse bei Handelsgeschäften viele Ortsnamen der näheren und weiteren Umgebung genannt sind: Essingen, Hohenstadt, Neubronn, Pommertsweiler, Ellwangen, Goldshöfe, Lauchheim, Wasser-
alfingen, Simmisweiler, Aalen, Reichenbach. Namentlich werden genannt ein Winter aus Tauberbischofsheim, ein Jud aus Cannstatt und ein Jud aus Speier.

Interessant ist auch das wichtige Ereignis des Schlachtfestes. Die Termine und Umstände des Schlachtens wurden genau verzeichnet. Früher wurden waren die Mastzeiten bei Schweinen erheblich länger und dennoch waren sie bei weitem nicht so schwer wie die heutigen. Heute muß ein Schwein in 6 Monaten schlachtreif sein. Damals fielen die Schlachttermine immer auf den Winter. nur einmal heißt es:
"14. Juli ein Schwein geschlachtet, krank!".

Bei den damaligen Konservierungsmöglichkeiten war ein Schlachten in den warmenJahreszeiten nicht denkbar. Rinder und Kälber wurden nur selten geschlachtet.



Auch sind mehrere alltägliche Anschaffungen vermerkt wie z.B.: "Dachplatten, Draht, Futtersieb, Shuh, Tuch, Salz, Brief, Schweinetrog, Rizinusöl, Glas, 2 Dutzend Würst, Käß, Schnaps, Album, Teller, Stock, Pfeif, Grawat, Schulkosten."

Einerseits kann man von der Guten Alten Zeit reden, doch andererseits wenn man z.B. an den Jahreslohn eines Knechtes denkt, mag die heutige Zeit als die bessere erscheinen.